Die Tugend der Gelassenheit wird schon seit der antiken Philosophie als etwas Erstrebenswertes gerühmt. Entsprechend bemühen sich Menschen seit je her darum, Gelassenheit zu üben. Zu Recht, denn
Belastungen und Herausforderungen lassen sich wesentlich besser bewältigen, wenn wir nicht im vollen Affekt darauf reagieren, wenn wir uns vom Problem nicht mit Haut und Haar verschlingen lassen. Denn das macht uns eher ohnmächtig, als dass es uns in Richtung einer guten Lösung weiterbringt. In dem Ausmaß aber, in dem wir Gelassenheit üben lernen, gewinnen wir innere Distanz von unseren Belastungen, sodass wir dort handlungsfähig bleiben, wo unser Zutun gefragt und notwendig ist. Denn, wie Ute Karin Höllrigl zu sagen pflegt: „Wir müssen immer unser Möglichstes tun, und um den Rest dürfen wir bitten“. Es handelt sich also dabei keineswegs um Gleichgültigkeit, sondern um die Anerkennung einer Macht, die größer ist als wir selbst, um die Anerkennung, dass unsere menschlichen Möglichkeiten begrenzt sind, um ein „Gottvertrauen“, nachdem wir unseren Beitrag bestmöglich geleistet haben. Vielleicht ist es jetzt, im Vorfeld des dritten Lockdowns, der nach den Feierlichkeiten auf uns zukommt, ein guter Zeitpunkt, sich dem Thema der Gelassenheit zu widmen.
Du benötigst für diese Übung Schreibsachen, eine oder ein paar (alte) Tageszeitung_en, Farben (Ölkreiden, Buntstifte, Filzstifte, Wasserfarben – was immer du zu Hause hast), die Möglichkeit, etwas zu verbrennen, also eine Feuerstelle (z.B. Feuerschale, ungefährliche Stelle im Freien) und ein wenig Zeit. Hier die Anleitung durch die Übung in 6 Schritten:
- Blättere eine oder ein paar (alte oder aktuelle) Tageszeitungen durch und achte darauf, wo gibt es Inhalte, die in irgendeiner Form in Resonanz zu aktuellen Belastungen oder Problemen deines Lebens stehen. Reiße jeweils die ganze Seite der Zeitung heraus, auf der in einem Artikel oder auf einem Bild so eine Verwandtschaft, Ähnlichkeit, Resonanz zu einer aktuellen Belastung von dir vorkommt. Schreib auf diese Seite eine Überschrift, die dieses Problem, diese Belastung in einem Wort oder Satz benennt. Lass es gut sein, wenn du fünf solche Seiten gefunden hast. Bleib einfach bei den ersten fünf Seiten, auf die du gestoßen bist.
- Lies das folgende berühmte Gelassenheitsgebet und lass es auf dich wirken:
Gott gebe mir die Gelassenheit
Dinge hinzunehmen, dich ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden“
- Jetzt nimm deine Schreibsachen, und mach dir zu jedem deiner fünf ausgewählten Probleme/Belastungen Notizen, und zwar im Sinne des Gelassenheitsgebetes. Überprüfe deine Belastung/dein Problem und deine bisherige Geschichte damit gewissenhaft im Sinne des Gelassenheitsgebetes.
Habe ich schon mein Möglichstes zur Lösung/Verbesserung getan?
Was habe ich schon alles probiert?
Was könnte ich noch zur Verbesserung/Lösung des Problems beitragen?
Um was zu tun bräuchte ich noch mehr Mut?
Was liegt in Bezug auf dieses Problem nicht in meiner Macht?
Was kann ich überhaupt nicht beeinflussen?
- Nimm die erste Zeitungsseite, das ist jetzt dein erstes Zeichenblatt. Um welche Belastung, um welches Problem handelt es sich hierbei (siehe Überschrift auf dem Blatt)? Schau deine Notizen durch. Was in Bezug auf dieses Problem, diese Belastung liegt nicht in deiner Macht? Worauf hast du realistisch keinen Einfluss? Gestalte diese Zeitungsseite in diesem Sinne, was vom benannten Thema nicht in deiner Macht liegt. Vielleicht ist es eine Farbe, die das repräsentiert, dann bemale das Blatt einfach mit dieser Farbe, vielleicht sind es Symbole, die das ausdrücken, oder einfach eine Zeichnung, abstrakt oder konkret. Es geht nicht darum, wie das Zeitungsblatt am Ende aussieht, es geht lediglich darum, dass du das zum Ausdruck bringst, was du in Bezug auf das damit verbundene Thema nicht in der Hand hast, worauf du keinen Einfluss hast.
- Verfahre nun auch mit den anderen vier Blättern auf dieselbe Weise.
- Jetzt hast du also fünf Bilder gestaltet. Geh jetzt zu deiner Feuerstelle, zerknülle die bemalten Zeitungsblätter einfach und verbrenne sie. Vielleicht liest du dabei noch einmal das Gelassenheitsgebet durch. Bitte eine höhere Macht, die Natur, einen Gott, eine Göttin, das Universum, eine Macht, die größer ist als du selbst – was immer dir am zugänglichsten ist - dass sie sich jener Aspekte deiner Probleme/deiner Belastungen, die außerhalb deiner Macht liegen, annimmt, und zwar zu deinem größtmöglichen Wohl und Wachstum.
In diesem Sinne wünsche ich dir, dass du Gelassenheit, Mut und Unterscheidungskraft immer wieder neu entdecken und üben kannst, so, wie es erforderlich ist und deinem größtmöglichen Wachstum dient. Du wirst feststellen, dass aus der immer wieder neu geübten Gelassenheit mit der Zeit mehr und mehr sogar eine heitere Gelassenheit entsteht!
Ein frohes Weihnachtsfest wünsche ich dir, bis bald!